Rom - Während Italien die Strafen für Frauenmorde verschärfen will, sorgt ein Priester mit aufsehenerregenden Aussagen für Empörung. Der Pfarrer der Ortschaft San Terenzo di Lerici im norditalienischen Ligurien publizierte einen Text, in dem er das provokative Verhalten der Frauen für die vielen Morde in Italien verantwortlich macht. "Frauen sollten Selbstkritik üben. Wie oft provozieren sie die Männer mit ihrem Verhalten?", hieß es in dem Text, den Piero Corsi in seiner Pfarrei veröffentlichte. Donnerstagnachmittag kündigte der Priester an, dass er sich nun eine Auszeit außerhalb seiner Pfarrgemeinde nehme.

Der für Pieros Gemeinde zuständige Bischof Ernesto Palletti forderte den Priester auf, sein Traktat zurückzunehmen. Die Äußerung verletzte die allgemeine Ansicht, nach der Gewalt gegen Frauen zu verurteilen sei.

Am Donnerstag entschuldigte sich Don Piero schließlich und kündigte die Auszeit an. Gegenüber dem Fernsehkanal der Diözese dementierte er allerdings, eine E-Mail an Pressevertreter geschickt zu haben, in der er die Niederlegung seines Amts infolge einer "unvorsichtigen Provokation" angekündigt habe. Auch das Bistum bestritt, dass Piero dem Bischof eine solche Absicht kundgetan habe.

Frauenfeindliches Traktat

"Frauen provozieren immer häufiger, sie sind oft arrogant, sie denken, dass sie total selbstständig sind, und verschärfen somit nur die Spannungen. Kinder werden sich selbst überlassen, die Wohnungen sind schmutzig, die Speisen sind kalt, oder kommen aus Fast Food-Restaurants. Wenn es in den Familien eskaliert und es zum Mord kommt - eine Form von Gewalt, die zu verurteilen ist und scharf bestraft werden muss - liegt die Verantwortung oft auf beiden Seiten", betonte der Priester.

Frauen seien provokant gekleidet

Corsi klagte, dass junge und ältere Frauen oft provokativ gekleidet seien. "Sie lösen damit die niedrigsten Instinkten der Männer aus. Wie viele Frauen betrügen ihre Männer am Arbeitsplatz, in Sportzentren, in den Kinos?", hieß es.

Empörung über "wahnsinnige Ideen"

Die Kampagne Corsis löste empörte Reaktionen aus. Intellektuelle und Politikerinnen kritisierten den Priester scharf. "Das sind wahnsinnige Ideen, die der Kirche nur schaden", klagte Ex-Frauenministerin Mara Carfagna.

Ex-Ministerin findet klare Worte

Laut einem Gesetzentwurf, der von Carfagna im römischen Parlament eingereicht wurde, sollen Frauenmörder in Italien immer mit lebenslänglicher Haft bestraft werden. Außerdem soll der Mord an einer Frau nach jahrelangen Misshandlungen als erschwerender Umstand betrachtet werden. "In Italien gibt es weiterhin reaktionäre Begriffe und Vorurteile, denen die systematische Diskriminierung der Frauen und die Verletzung ihrer fundamentalen Rechte zugrunde liegen", so die Ex-Ministerin.

Zunehmende Gewalt an Frauen

In Italien wächst die Sorge wegen zunehmender Gewalt an Frauen. Nachdem seit Jahresbeginn 120 Frauen von Ehemännern, oder Lebensgefährten ermordet wurden, hat die Frauenbewegung "Wenn nicht jetzt, wann dann?" mit einer landesweite Kampagne gegen das "Frauenmassaker" begonnen. Die Bewegung startete eine Unterschriftensammlung gegen die eskalierende Gewalt gegen Frauen. Der Appell wurde von namhaften Intellektuellen, PolitikerInnen und JournalistInnen unterzeichnet.

Die bisher höchste Zahl an Frauenmorden gab es in Italien 2006, als 195 derartige Verbrechen registriert wurden. In Italien wird fast jeder vierte Mord innerhalb der Familie verübt. In den meisten Fällen ist Eifersucht das Motiv. (APA, 27.12.2012)