Das Sujet der Infokampagne "Vergewaltigung verurteilen. Ein Nein muss genügen".

Foto: Stadt Salzburg/ Kreativbüro Wolfgang Zenz

Salzburg – Nur bei einer von neun angezeigten Vergewaltigungen kommt es in Österreich zu einer Verurteilung. Gewaltschutzeinrichtungen und die Frauenbeauftragten von elf Städten orten eine "rechtliche Schieflage" und fordern eine Gesetzesänderung im Zuge der Strafrechtsreform.

Derzeit seien sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person nur strafbar, wenn Gewalt, Drohung oder Freiheitsentzug angewandt wurden, kritisiert die Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg Alexandra Schmidt. Wenn eine Frau bei einem unerwünschten Sexualakt Nein sagt oder aus Angst keinen körperlichen Widerstand leistet, sei der Tatbestand der Vergewaltigung nicht erfüllt.

Mehr Anzeigen, Verurteilungen gleichbleibend

Das zeige sich auch im Verhältnis von Anzeigen und Verurteilungen bei Vergewaltigung: 920 Anzeigen im Jahr 2013 stehen 104 Verurteilungen gegenüber. Im Schnitt werde überhaupt nur jede zehnte Vergewaltigung angezeigt. In den letzten Jahren stiegen zwar die Anzeigen wegen Vergewaltigung, die Verurteilungen sind aber relativ gleichbleibend. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 wurden 574 Vergewaltigungen angezeigt und 118 Täter verurteilt.

"Die Sensibilität, dass es nicht rechtens ist, was den Opfern widerfährt, ist größer geworden", erklärt Andrea Laher vom Frauennotruf Salzburg die steigende Zahl an Anzeigen. Vergewaltigung gehöre zu den häufigsten Gewaltformen gegen Frauen, werde aber nur selten sanktioniert. Der Gesetzgeber gehe von einem idealtypischen Tathergang aus. Es sei aber nicht die Regel, dass der Täter Gewalt ausüben müsse. Viele Opfer würden sich aus Angst nicht wehren, betont Laher.

Viele wollen keine Anzeige erstatten

Aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage würden auch viele betroffene Frauen keine Anzeige erstatten wollen, ergänzt Birgit Thaler-Haag, die Leiterin des Frauenhauses Salzburg. "Die Frauen fürchten, dass sie nicht ausreichend beweisen können, sich gegen den Vergewaltiger gewehrt zu haben." Zudem sei es für viele Frauen schwierig, den Prozess durchzustehen, da sie im Detail über die Vorfälle berichten müssten.

Deshalb fordern die Gewaltschutzeinrichtungen eine Reform des Strafrechts. Ziel der ausgearbeiteten Änderungsvorschläge ist es, "nicht einverständliche sexuell bestimmte Handlungen" unter Strafe zu stellen. Vergewaltigung soll auch dann strafbar sein, wenn die sexuellen Handlungen ohne Gewalt, Freiheitsentziehung und Drohung, aber gegen den Willen der betroffenen Person vorgenommen werden. Weinen oder Erstarren sollten für das Delikt ausreichen.

Mit einer bundesweiten Kampagne unter dem Motto "Vergewaltigung verurteilen – Ein Nein muss genügen" und einer Online-Petition wollen die Gewaltschutzeinrichtungen und die Frauenbeauftragten nun die Öffentlichkeit auf diese rechtliche Schieflage hinweisen. Mit dem Ziel, den Gesetzgeber dazu zu bewegen, sich dieses Themas anzunehmen. Mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sei man diesbezüglich schon in Kontakt. Die Online-Petition läuft noch bis 10. Dezember, den Tag der Menschenrechte, und endet somit nach den jährlich stattfindenden "16 Tagen gegen Gewalt an Frauen". (Stefanie Ruep, dieStandard.at, 07.11.2014)