Ein Krankenpfleger bei der Arbeit.
Bei der auch in der englischen Sprache nicht neutralen Berufsbezeichnung "nurse" wurden mehr Frauen angezeigt, ebenso bei "hairstylist".
APA/HANS KLAUS TECHT

Wer im Netz nach Bildern sucht, etwa in Zusammenhang mit Berufen, wird mit Geschlechterstereotypen konfrontiert. Das zeigte eine kürzlich im Magazin "Nature" veröffentlichte Studie. Ein Problem ist das laut Studienautor:innen vor allem deshalb, weil die Bedeutung von Bildern im Netz bereits deutlich angestiegen ist – und künftig noch weiter ansteigen wird. Denn Bilder vermögen stärker die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen zu erregen und aufrechtzuerhalten als Texte. Die Untersuchung zeigte, dass Texte aber weniger Vorurteile transportieren als Bilder, denn in Texten gebe es mehr Möglichkeiten, neutraler über Menschen und Berufe zu berichten.

Unter der Leitung des Soziologen Douglas Guilbeault werteten die Forscher:innen Bilder und Texte aus Google, Wikipedia und der Film-, TV- und Videospieldatenbank IMDb aus. Für die Bildanalysen wurden die Bilder nach Geschlecht kategorisiert, genauer: nach dem wahrgenommenen Geschlecht.

Vorurteile halten an

Entlang von 3.500 Kategorien wurden mögliche geschlechterspezifische Vorurteile untersucht, etwa Berufe oder auch soziale Rollen wie "neighbor", "friend" oder "colleague". Mit einer Textanalyse nicht englischsprachiger Texte lassen sich die Ergebnisse somit nicht vergleichen, denn in der englischen Sprache sind zahlreiche Berufsbezeichnungen geschlechterneutral, im Gegensatz etwa zur deutschen Sprache.

Die Untersuchungen zeigte, dass Männer beim Onlinebildmaterial mit generell 62 Prozent überrepräsentiert sind. Bei den Onlinetexten gab es zwar auch eine stärkere männliche Präsenz, mit 56 Prozent war diese allerdings etwas geringer.

Bei konkreten Bildsuchanfragen zu "plumber" (Klempner:in), "police chief" (Polizeichef:in) oder "carpenter" (Tischler:in) wurden mehr Männer angezeigt, bei "ballet dancer" (Balletttänzer:in), "hairstylist" und "nurse" (Krankenschwester) wurden mehr Gesichter von Frauen angezeigt. Um herauszufinden, ob dies Eindruck auf die User und ihr Geschlechterbild macht, wurden auch die Auswirkungen dieses Gender-Bias untersucht, indem 450 Personen nach Bildern oder Texten im Netz von bestimmten Berufen suchen sollten. Die Teilnehmer:innen wurden nach ihrer Text- oder Bildsuche gebeten anzugeben, welches Geschlecht sie am ehesten mit bestimmten Berufen verbinden. Es zeigte sich, dass jene Personen, die in der Gruppe derer waren, die nach Bildern suchen sollten, im Anschluss stärker geschlechterspezifische Vorurteile hatten als jene, die nach Texten suchten. Und: Diese Vorurteile hielten einige Tage an und setzen sich somit auch in ihrem Offline-Alltag fort.

Fortsetzung durch KI

Fragen zur Verstärkung oder dem Weitertragen von Geschlechterstereotypen seien auch angesichts künftiger Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) besonders relevant, schreiben die Autor:innen. Denn KI-Bilder werden auf Basis von Onlinebildern generiert. Wenn somit Onlinebilder schon stärker Stereotype vermitteln, wird sich das in KI-Bildern fortsetzen. Die Forscher:innen kommen daher zu dem Schluss, dass die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Vorurteile in Onlinebildern von entscheidender Bedeutung sein wird, um das Internet zu einem fairen und integrativen Ort zu machen. (beaha, 19.2.2024)