Wienke (Philine Schmölzer) und Iven (Anton Spieker) suchen Antworten auf dunkle Fragen der Vergangenheit:
Wienke (Philine Schmölzer) und Iven (Anton Spieker) suchen Antworten auf dunkle Fragen der Vergangenheit: "Die Flut – Tod am Deich", 27. 4., ORF 2.
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Gewisse Ideen müssen wachsen. 20 Jahre sollen die Macher von "Die Flut – Tod am Deich" den Plan verfolgt haben, den Roman "Hauke Haiens Tod" von Andrea Paluch und Robert Habeck zu verfilmen, ab einem Zeitpunkt sogar mit einem ganz bestimmten Wunschregisseur. "Aber sie haben sich nicht getraut zu fragen", sagt Andreas Prochaska und lacht. Irgendwann taten sie es doch, Prochaska las das Drehbuch, mochte es und stieg ein.

Es blieb nicht beim einzigen Österreich-Beitrag in "Die Flut", zu sehen am 27. April auf ORF 2. Prochaska holte den ORF als Koproduktionspartner an Bord, dazu die Darstellerinnen Philine Schmölzer, Janina Stopper und Franziska Weisz, weiters die Kostümbildnerin Christine Ludwig, und er trug maßgeblich dazu bei, dass die von Karwan Marouf komponierte Musik vom ORF-Radio-Symphonieorchester eingespielt wurde.

Die Geschichte

Vor 15 Jahren kamen der Deichgraf Hauke Haien und seine Frau Elke bei einer Sturmflut an der Nordseeküste ums Leben. So hat man es jedenfalls Hauke und Elkes Tochter Winke (Scmölzer) erzählt. In jener Nacht brachte sie der junge Hofarbeiter Iven (Anton Spieker) nach Hamburg und setzte sie in einem Kinderheim ab. Winke will herausfinden, wie ihre Eltern umgekommen sind. Als sie zufällig auf Iven trifft, fasst sie einen Plan, der Winke gefällt, nicht aber Iven. Zunächst gegen seinen Willen gehen die beiden in den Norden und graben in der Vergangenheit mit nicht immer wohlgesinnten Menschen.

Die "Rainman"-artige Beziehung zwischen Winke, die autistische Züge aufweist, und dem hypernervösen Iven wird intensiver, Verantwortlichkeiten werden manifest. Der Weg der Selbstfindung ist weit wie das Wattenmeer. Der Film, der sich wie der Roman als eine Art Weitererzählung von Theodor Storms "Der Schimmelreiter" versteht, wird auf zwei Zeitebenen erzählt – die Suche heute und das Unglück von vor 15 Jahren. Detlef Buck ist in der Rolle des Deichgrafen zu sehen, Franziska Weisz als dessen Frau Elke. Das Drehbuch schrieben Daniela Baumgärtl und Constantin Lieb.

Die Filmmusik

Untermalt wird "Die Flut" von den symphonischen Klängen des Radiosymphonieorchesters. "Die orchestrale Einspielung vermittelt ein stimmiges Bild", sagt Prochaska "Die Gefühle, die im Spiel sind, sind groß, und die Landschaft ist weit. Große Bilder für ein großes Orchester."

Die Musik war von Anfang an in die Produktion eingebunden. Das heißt: Nicht über den fertigen Film wurde der Sound gelegt. Die Klänge erschufen den Film quasi mit: „Ich habe Karwan (Marouf, Anm.) gebeten, das Drehbuch zu lesen und um ein erstes Soundgebilde und Melodien. Für mich war wichtig, den Film zu hören, bevor ich drehe."

Im fertigen Film selbst sollte sich die Musik zurückhalten, sagt Marouf. Beide sprechen sich klar gegen die immer stärker um sich greifende Unsitte aus, Filme und Serien mit Musik zu übersteuern, um Gefühlswelten beim Publikum zu kontrollieren. Bei "Oppenheimer" etwa sah sich Prochaska "von vorne bis hinten zugedröhnt" und wollte "laut aufschreien. Ich habe das Gefühl, man vertraut dem Publikum immer weniger. Das Wichtigste bei Filmmusik ist doch die Pause."

Bei "Die Flut" wurde das berücksichtigt. Filmmusik einzuspielen sei generell kein ganz leichtes Unterfangen, sagt Angelika Möser, die künstlerische Leitung des Radiosymphonieorchesters, beim Pressegespräch mit Journalisten. "Wir planen langfristig, beim Film muss es aber meistens schnell gehen." Bei "Die Flut" sei die Zusammenarbeit möglich gewesen. Weitere Filme, die bespielt werden, seien derzeit etwa "Die Theorie von allem", "Vienna Blood", "Maestra" von Disney+ sowie "Peterchens Mondfahrt".

Das Setting

Gedreht wurde in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. "Das Lustige ist ja, ein Österreicher und ein österreichischer Kurde versuchen den Norden zu begreifen", sagt Prochaska. Insbesondere zu Beginn gab es für den Wiener Regisseur einige Sprachprobleme zu lösen: "Es gab so viele Begriffe, die ich nicht verstanden habe. Ich habe zum Beispiel geglaubt, dass ein Deichgraf ein Adeliger ist."

Dazu kamen mehrere widrige Umstände, die in den 27 Drehtagen besondere Herausforderungen brachten. Das raue Klima stellte alle auf die Probe: "Der Wind war bitterkalt. Philine hat geweint vor Kälte", sagt Prochaska. Die Umweltauflagen schafften weitere Hürden: "Mir war nicht bewusst, wie kompliziert es sein kann, mit einem Pferd auf einem Deich zu drehen", verweist Prochaska auf den Naturschutz. Und schließlich fiel der Dreh 2022 mitten in die Corona-Pandemie. "Während der Vorbereitung hat es alle erwischt, mich während des Drehs." Heute sei das "alles wie ein verblasster Albtraum", sagt Prochaska. Er selbst ist schon wieder weiter: Im Herbst kommt von ihm die Vampirserie "Love Sucks" mit Rick Okon, danach ein Kinofilm. Das Radiosymphonieorchester und Karwan Maroud sind bereits gebucht. (Doris Priesching, 26.4.2024)